• Zu Gast bei der ersten Deutcshen Studentenpoker Meisterschaft im Zillertal

Kunde Full House Verlag GmbH,
Wien

Das Casino & Poker Magazin

Date Februar / März 2007

Studenten, Bambis Bluff und die Sache mit dem Geld


Das Internet ist eine unerschöpfliche Wissensgrube. Es gibt kein Thema, zudem nicht mindestens ein Treffer, zu neudeutsch "Hit", existiert und das Pokern bei Suchanbietern hoch im Kurs steht, daran besteht kein Zufall. Und das auf den Bildschirmen von vielen Studenten Karten herumflattern, wundert auch mich nicht mehr.

Sie heißen 888.com,everestpoker.com oder doyklesroom.com. Egal von welchem Anbieter wir sprachen, die Studenten kannten sie alle. Sie wussten zu berichten, wann und wo was gespielt wird. Sie unterhielten sich über Boni, so genannte "deposite bonis". Kleine Geschenke, die Spieler für ihre Anmeldung im Internet auf Online-Pokersites erhalten. Die Interessantesten gäbe es auf der Site von Full Tilt. Dort erhalte jeder, der zwischen 100,- Euro und 600,- Euro einzahle, bis zu 300,- Euro Startguthaben: als Gegenleistung für seine Anmeldung. Was nicht gesagt wird ist, dass es das Geld nicht sofort gibt, sondern im Verhältnis zur Anzahl der gespielten Hände. Der Online-Spieler generiere für jede Hand Punkte. Punkte, die er in bare Münze umtauschen könne. Bei einem Anbieter natürlich: bei Fult Tilt. Ziel ist es nicht, Bonis einzusammeln, sondern Geld zu gewinnen. Einer der Teilnehmer erzählte, dass er versucht herauszufinden, inwieweit sich das Ganze für ihn lohne - das Pokern natürlich. Er spiele was das Zeug hält, acht bis zehn Stunden am Tag. Er führe genau Buch. Notiere sich jeden Cent: jeden, den er ausgibt - jeden, den er einnimmt. Und die Höhe seiner Gewinne. "Im Moment sieht es ganz gut aus. Abgerechnet wird in zwei Monaten", erzählte der 23-jährige Student aus Nürnberg. Sein Name? Er möchte lieber inkognito bleiben.

Verspätetes Frühstück

Samstag, 9. Dezember 10.00 Uhr - vereinzelt sah man immer noch neue Gesichter im Frühstücksraum. Die Servicekräfte des Hotels waren sichtlich unzufrieden. Die offizielle Frühstückszeit sei schon lange vorbei, und die kulante Zugabe des Hauses schon einiges überzogen, so der Herr an der Rezeption. Vielleicht war die verkürzte Zwischensaison Grund für die kleine Missstimmung untereinander. Denn, wie ich im nachhinein erfuhr, wurde das Hotel eigens für die Deutsche Studenten Pokermeisterschaften eine Woche vor dem offiziellen Ski-Opening geöffnet. Organisiert hatte das Ganze Deniz, Mitinitiator der Seite pokerevents.de. Er besorgte für die dreiTage Hostessen und Dealer. Und weil es praktisch war, lobte er gleich im BA, einer ehemalige In-Bar von Nürnberg in der jede Woche kleinere Buy-in Turniere stattfinden, die Reise "Poker & Snow" aus. Dem Hotel im Zillertal konnte dies nur recht sein. Es war ausgebucht. Da sollte es dann auch möglich sein, sich schon mal ein wenig mehr Zeit zum Frühstücken zu nehmen. Aber eben nicht ewig. Die verquollenen und mit deutlichen Rändern untermalten Augen galten nicht als Entschuldigung. Sie allein waren Zeugnis einer langen Nacht. Einer anstrengenden Nacht, die den Abschluss des Tages mit Zugfahrt von Braunschweig, Oldenburg, Fürth … nach München, Busfahrt von München nach Fügen ins Zillertal und der ersten gespielten Pokertische gegen 2 Uhr in der Nacht fand.

Als Gastgeber präsentierten das Studentenmagazin UNICUM und PacifficPoker im Zillertal die Premiere der Deutschen Stundentenpokermeisterschaften. Fünf Studentinnen und 25 Studenten folgten der Einladung. Sie qualifizierten sich vom 15. bis 30. November im Internet bei zwei Qualifikationsrunden - täglich auf Pacific Poker. Am Ende waren es 8.200, die nicht nur ein Turnier, sondern bis zu fünf Turniere spielten, um sich als Lohn eines der begehrten Tickets ins Zillertal zu verdienen, und einen Zuschuss für die Studiengebühren: Dem Ersten winkten 2.500,- Euro, dem Zweiten 1.500,- Euro und dem Dritten 1.000,- Euro.

Nicht nur online Profis

Das Teilnehmerfeld in Fuegen war bunt gemischt. Die Spielerinnen und Spieler zeigten, dass sie das Spiel nicht nur online, sondern auch real beherrschen. "Super Atmosphäre, es ist eine geile Kulisse - die Vorstellung dass bald mehrere Tausend Zuschauer in meine Karten schauen, macht mich nervös," erzählte ein Student in der Mittagspause. Ausgeschrieben waren die ersten Deutschen Stundentenpokermeisterschaften auf der Internetplattform von 888.com. Bei der Aufzeichnung führte allein die Regie - Regie. Mit klaren Kommandos steuerte sie Mensch und Material. Es ist die entscheidende Situation an Tisch Vier. Lillian Kühner alias Bambi sitzt mit Martin Braun alias Jim im Heads-up. Es geht um alles. Mit A-7 ist die 25-jährige Münchnerin gegen A-K klar im Nachteil. Trotzdem, Bambi geht All-in. Der Zeitplan der Veranstalter ist völlig aus den Fugen geraten. Das für 15 Uhr angesetzte letzte Vorrundenspiel um mehrere Stunden nach hinten gerutscht. Für die Nachwuchsspieler kein Problem. Der Reiz, gleich selbst am Tisch zu sitzen und später von Bekannten und Freunden im Fernsehen beobachtet zu werden, hält wach. Sonntag 10 Uhr. Finaltisch, die Geisteswissenschaften, vertreten durch einen angehenden Juristen, sind an diesem Tisch unterrepräsentiert. Er ist eingekeilt zwischen Medienexperte, Wirtschaftsverrückten...
Um die Veranstaltung ins rechte Licht zu rücken, holte das Deutsche Sportfernsehen (DSF) Unicum, Deutschlands bekannteste Studentenzeitschrift, mit ins Boot. Das Deutsche Sportfernsehen, (DSF) zeichnete auf, UNICUM sorgte für den Teilnehmerzuspruch. Die Schirmherrschaft übernahm Dr. Michael Keiner. "Zum ersten Mal in meiner Laufbahn habe ich die Funktion des Turnierdirektors inne," erzählte er mir in einer der Pausen. 13 Uhr, die ersten Finalisten stehen fest. Richard Vietze und Thomas Pickert können sich an den Tischen Eins und Zwei durchsetzen. Für Thomas Pickert, den ich bereits beim Frühstück kennenlernte, eine tolle Sache. Der smarte und unscheinbar auftretende 26-jährige Spieler aus Taufkirchen studiert physikalische Technik. "Ich hatte eigentlich keine Lust mehr, wollte nur noch raus," erzählt er. Vielleicht war es genau diese Einstellung, die ihm mit 6-5 den Sieg brachte. Die 5 bleibt für die nächsten Runden seine Lieblingskarte.

Bambi im Heads-up

Aus der MAZ verfolgte Michael Körner, die deutsche Stimme des Pokerns, das Geschehen. Er kommentierte und plauderte munter darauf los, so wie ihn die Zuschauer kennen. Im "off", die Bildregie unterstützend. Körner, der erst später in Aktion trat, blieb in dieser Szene allein die Nebenrolle zu. Das Wort führte der Ingenieur und Physiker von morgen. Dabei hätten sie den ersten Platz gar nicht ausspielen müssen. Bereits am Vorabend hatte man einen Deal gemacht, um befreiter spielen zu können. Pickert hat es geschafft - mit einer 5-Serie. Niemand hatte es ihm vorher zugetraut. Nur ich, und damit war ich um 15,- Euro reicher. Hatte ich mich doch an der internen Wette des DSF-Fernsehteams mit 1,- Euro beteiligt. Als einziger hatte ich auf Thomas Pickert gesetzt. Weil er mir beim Frühstück so sympathisch war.

Der Text ist in der September Ausgabe von BLUFF EUROPER - deutschsprachig erschienen.